Streik-Ende - Ford-Arbeiter arbeiten und verhandeln
Die Arbeiter im Ford-Autowerk bei St. Petersburg arbeiten wieder.
Der Streik ist beendet - obwohl die Verhandlungen über Lohnerhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen bisher kein Ergebnis brachten. Es war seit Jahren der größte Streik in Russland. Am 14. Februar standen in dem Ford-Autowerk bei St. Petersburg für einen Tag die Bänder still.
1.500 der 2.000 Beschäftigten in dem Werk Wsewoloschsk hatten die Arbeit niedergelegt. Sie streikten für höhere Löhne, die Anerkennung berufsbedingter Krankheiten sowie die Rücknahme befristeter Arbeitsverträge. Ein Bezirks-Gericht im Gebiet Leningrad hatte den Streik für illegal erklärt. Für den Kreml kommt der Streik im Wahljahr höchst ungelegen. Nach dem Ende des Streiks wird verhandelt. Die Werksleitung ist zu Zugeständnissen bei den Lohnhöhe bereit und will bis zum 1. März einen Betriebstarifvertrag unter Dach und Fach bringen. Die Arbeiter müssten sich allerdings verpflichten, für die Laufzeit des Vertrages auf Streiks zu verzichten.
Ein Tag Band-Stillstand kostet dem US-Unternehmen vier Millionen Dollar. Um Kundenwünsche zu erfüllen, hatte Ford Motor Company angekündigt, 1.700 Neu-Wagen aus Werken in Deutschland und Spanien importieren. Nach russischen Presseberichten erklärte der Ford-Gesamtbetriebsratsvorsitzende in Deutschland, man werde nicht zulassen, dass der Streik durch Lieferungen nach Russland unterlaufen wird.
Bereits der dritte Streik bei Ford in Russland
Es war bereits der dritte Streik im russischen Ford-Autowerk. Im Jahre 2006 hatten die Arbeiter mit Bummelstreiks Lohnerhöhungen zwischen 14 und 17 Prozent durchgesetzt. Damals forderte die Gewerkschaft 30 Prozent Lohnerhöhung. Um einen Streik zu verhindern, hatte die Werksleitung diesmal Lohnerhöhungen von bis zu 17 Prozent angeboten. Doch das war den Beschäftigten – die zur Zeit zwischen 450 und 550 Euro im Monat bekommen - zu wenig. Die Inflationsrate in Russland liegt immerhin bei neun Prozent. Der Führer der betrieblichen Gewerkschaft, Aleksej Etmanow, erklärte, die ausländischen Unternehmen kämen wegen der niedrigen Löhne nach Russland. Aufgabe der Gewerkschaft sei, die Interessen der Arbeiter zu schützen.
Für den Kreml sind soziale Konflikte im Wahljahr ungelegen
Dem Kreml kommt der Streik höchst ungelegen. Man fürchtet, dass ausländische Investoren verschreckt werden. Außerdem stehen im Herbst diesen Jahres Parlamentswahlen an. Der Streik war von fast allen Oppositionsparteien unterstützt worden. Am Mittwoch hatte KP-Chef Gennadij Sjuganow das Auto-Werk besucht. Ihre Unterstützung für die Streikenden hatte auch die liberale Jabloko-Partei und die Vereinigte Bürgerfront des ex-Schachweltmeisters Garri Kasparow erklärt. Selbst Sergej Mironow, der Führer der vom Kreml geschaffenen neuen Links-Partei, „Gerechtes Russland“, hatte die Forderungen der Arbeiter während eines Treffens mit Gewerkschaftsführer Etmanow als „vernünftig“ bezeichnet, jedoch hinzugefügt, „man muss einen Kompromiss finden.“ Der Gewerkschaftsführer Etmanow seinerseits warnte vor einer „Puppen-Show“. Der Streik könne durch politische Parteien diskreditiert werden.
Ford findet reissenden Absatz in Russland - aber zahlt schlecht
Ford produziert seit 2002 vor den Toren von St. Petersburg. Der im Werk Wsewoloschsk hergestellte Ford Focus ist in Russland sehr beliebt. Im vergangenen Jahr gingen in dem Ford-Werk 60.000 Fahrzeuge vom Band. In diesem Jahr wollte die Unternehmensleitung die Produktion wegen der hohen Nachfrage auf 75.000 Fahrzeuge steigern. Der Streik bei Ford wird von anderen ausländischen Automobilherstellern, die Werke in Russland planen, aufmerksam beobachtet. Volkswagen und Skoda haben mit dem Bau eines 370 Mio.-Dollar teuren Werks in Kaluga bei Moskau begonnen. General Motors, Toyota und Nissan planen Werke bei St. Petersburg. Wie ein Sprecher von „Nissan Motor Russland“ gegenüber der Internetzeitung Fontanka.ru erklärte, habe man in den Nissan-Werken keine derartigen Probleme wie bei Ford. Man lerne aus den Fehlern anderer Unternehmen. Arbeitssuchende mit Gewerkschaftsvergangenheit würden bei der Formierung der neuen Nissan-Belegschaft nicht herausgefiltert, erklärte der Sprecher.
Ulrich Heyden, Russland-Aktuell, die Internetzeitung von .RUFO