Unterm Strich zählt die Bilanz
Russland: Spannungen sind zwischen Russland und Europa nicht selten. In den vergangenen Jahren gab es Ärger wegen stockender Gaslieferungen.
Für viele Deutsche wirkt Putins System der gelenkten Demokratie zumindest befremdlich. Doch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern leiden darunter nicht. Die deutschen Unternehmer können mit Putin, umgekehrt kann er mit ihnen.
Eine Befragung der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer unter den in Russland tätigen deutschen Unternehmen ergab, dass satte 30 Prozent von Putins dritter Präsidentschaft positive Folgen für die Entwicklung der Wirtschaft erwarten. Nicht unbegründet: Deutsche Unternehmer spielen eine Schlüsselrolle bei der Modernisierung der russischen Wirtschaft. Deutschland ist nach China der zweitwichtigste Handelspartner. Das Riesenreich zwischen Brest und Wladiwostok ist wegen seines hohen Modernisierungsbedarfs ein attraktiver Markt, und noch haben die Kunden in Russland Geld.
Im Gegensatz zu Deutschland liegt die Staatsverschuldung in Russland mit elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Deutschland 81 Prozent) vergleichsweise niedrig. 6300 deutsche Unternehmen sind in Russland registriert, darunter so bekannte Direktinvestoren wie Knauf, Volkswagen und Siemens. Im letzten Jahr stieg der Export von Waren und Dienstleistungen aus Deutschland nach Russland um 41 Prozent.
Das Einzige, was die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland behindert, ist auf russischer Seite die Bürokratie und auf deutscher Seite die Visa-Pflicht. Dieser Meinung sind zumindest die Außenpolitiker der Bundestagsparteien, welche über eine mittelfristige Abschaffung der Visa-Pflicht beraten.
Unterdessen bemühen sich Stiftungen der deutschen Parteien und das Goethe-Institut um einen lebendigen Wissens-Transfer nach Russland. So wird ab Sommer das „Deutschland-Jahr“ gefeiert, das Deutschland mit politischen und kulturellen Veranstaltungen vorstellen soll. Zwei Millionen Russen lernen derzeit die deutsche Sprache. Das sind zwar nicht mehr ganz so viele wie zu Zeiten der Sowjet-Union. Doch noch immer ist Russland das Land mit den meisten Deutsch-Lernenden weltweit. Selbst im fernöstlichen Chabarowsk lernen 200 Schüler Deutsch, sagt der deutsche Botschafter Ulrich Brandenburg stolz.
veröffentlicht in: Südkurier