Die Rede von Musk in Halle war angesichts der Tatsache, dass im Mai der 80. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland bevorsteht, unverschämt und geschichtsvergessen. Im Stil eines Heranwachsenden, der die Schule noch nicht beendet hat, eiferte sich der Milliardär, „ich habe Julius Caesars Bericht über die erste Begegnung mit den germanischen Stämmen in den gallischen Feldzügen gelesen, und es war wie, wow, sehr beeindruckend. Das sind sehr mächtige Krieger.“Unmittelbar nach diesen Sätzen über „deutsche Krieger“ rät Musk: „Ich denke, wir konzentrieren uns zu sehr auf die Schuld der Vergangenheit, und wir müssen darüber hinausgehen. Kinder sollten nicht für die Sünden ihrer Eltern, vielleicht sogar ihrer Urgroßeltern, schuldig sein. Man sollte optimistisch sein und sich auf die Zukunft Deutschlands freuen.“
Doch worin könnte deutscher Stolz wirklich begründet sein? Meiner Meinung nach könnten wir stolz sein, wenn Deutschland aus dem Ukraine-Krieg aussteigt und die Schließung aller amerikanischen Militärstützpunkte in Deutschland beschließt.
Für die AfD-Mitglieder und -Sympathisanten, die davon überzeugt sind, dass sie mit der AfD wieder gute Beziehungen zwischen Deutschland und Russland erreichen können, muss die Grußbotschaft von Musk eigentlich zu inneren Zweifeln führen. Denn darüber, wie der Frieden in Europa wieder hergestellt werden kann, sagte Musk kein Wort.
Man könnte das Auftreten des US-Milliardärs in Halle an der Saale auch als kalten Putsch bezeichnen. Denn Frieden mit Russland ist eine der Forderungen, mit denen die AfD Wähler an sich bindet. Doch von Frieden mit Russland hört man von Musk kein Wort. Jeder AfD-Sympathisant und -Wähler bei Verstand, der im tiefsten Herzen für Frieden mit Russland ist, wird über kurz oder lang verstehen, dass die von Musk gesetzten Duftmarken mehr nach Krieg als nach Frieden riechen. Wozu also noch AfD wählen?
veröffentlicht in: Nachdenkseiten
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Ende März 2022 erschien im Hamburger Verlag tredition mein Buch, "Der längste Krieg in Europa seit 1945. Augenzeugenberichte aus dem Donbass". Das Buch handelt vom Krieg im Donbass, der 2014 begann. Es berichtet von Menschen, deren Dörfer und Städte von der ukrainischen Armee und rechtsradikalen Freiwilligen-Bataillonen beschossen werden, von Kindern, die am Geräusch erkennen, um was für eine Granate oder Rakete es sich handelt und woher geschossen wird, von freiwilligen Kämpfern, die sich an der „Kontaktlinie“ tief in die Erde eingegraben haben und gelegentlich auch zurückschießen. Der Autor hat die international nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk seit 2014 mehrmals besucht. Er analysiert, warum der Konflikt in der Südostukraine entstand – wo der Anteil der Russisch-Sprechenden Ukraine-weit am höchsten ist - und warum das Waffenstillstandsabkommen "Minsk 2" immer wieder gebrochen wurde. Das Fazit des Autors: Die Ukraine könnte als neutrales Land zwischen Russland und dem Westen in Frieden leben. Jeder Versuch, das Land auf eine Seite zu ziehen, wird es zerreißen. In dem Buch werden schon veröffentlichte Analysen, Interviews und Reportagen des Autors zusammen mit neuen Texten veröffentlicht.