Wodka und Kondome für Tag X
Der drohende Weltuntergang am 21. Dezember versetzt vor allem die Russen in helle Aufregung.
Eine Dose Sprotten, ein Fläschchen „Russian Vodka“, eine Tüte „Rettungs-Buchweizen“, zwei Kerzen, ein Stück Kernseife, ein Bindfaden und ein Notizblock für „Notizen in der Zukunft“. Das alles findet man in der Überlebens-Tüte einer Heiratsagentur im sibirischen Tomsk.
Die Agentur bietet die Rettungs-Tüte für den angeblich bevorstehenden Weltuntergang am 21.Dezember für 22 Euro an und hat angeblich schon 1000 Stück verkauft. Zu dem Set gehört auch eine Karte mit den persönlichen Angaben des Besitzers, falls dieser in der Aufregung am Tag X sein Gedächtnis verliert.
Man wolle mit dem Set nicht die Idee vom Weltuntergang propagieren, meinte die Direktorin der Heiratsagentur, Juliana Schegolewa, gegenüber der Nachrichtenagentur Ria Novosti. „Wir wollen nur, dass die Russen das Ereignis mit Humor nehmen.“ In einem anderen Rettungs-Set einer ukrainischen Firma stecken auch Zwei-Minuten-Nudeln, Shampoo und Kondome. In der Ukraine bietet die Agentur reserv-ticket.net für den Tag X per Internet sogar Touren in den Himmel und die Hölle an. Ein Trip in die Höhe kostet umgerechnet elf Euro, eine Reise in die Unterwelt 13 Euro.
Doch längst nicht alle Russen können über das Thema lachen. Erst gestern schlug in der Stadt Dolgoprudny bei Moskau ein verwirrter 19-Jähriger vier Menschen mit einer Hantel krankenhausreif. Der Mann sei durch die Medienberichte über den Weltuntergang verwirrt gewesen, heißt es. Er wurde in eine psychiatrische Klinik gebracht.
Der Minister beruhigt
Damit sich Fälle wie diese nicht häufen, versuchen jetzt Kirchen-Obere und Politiker gegenzusteuern. Der Sprecher der russisch-orthodoxen Kirche, Wsjewolod Tschaplin, erklärte, es werde am 21. Dezember keinen Weltuntergang geben. Es seien schon häufiger Daten für den Weltuntergang genannt worden. Damit versuchten die Menschen „die Änderung ihres Lebens hinauszuschieben“. Der Kirchen-Sprecher meinte, es werde irgendwann zum Weltuntergang kommen, aber „nicht jetzt“.
Duma-Abgeordnete schrieben deshalb einen offenen Brief an die Chefredakteure der russischen Fernsehanstalten, in dem sie forderten, das Thema Weltuntergang zu „boykottieren“, da es bei „psychisch instabilen Personen“ zu „Exzessen“ kommen könne. Derartige Gefahren sieht auch Russlands Chefarzt, Gennadi Onischenko. Wer Spekulationen schüre, müsse sich gegebenenfalls vor Gericht verantworten, meinte der Chefarzt, „denn viele Menschen“ würden den Gerüchten glauben, dass am 21. Dezember „alles zu Ende ist“.
Auch Wissenschaftler und Katastrophen-Experten meldeten sich zu Wort. Der Leiter des Duma-Technologie-Ausschusses versicherte, „in unserem Komitee sind Akademiker und Forscher, und wir erklären in voller Verantwortung, dass es keinen Weltuntergang geben wird.“ Der russische Notstands-Minister Wladimir Puschkow erklärte, er könne mit Sicherheit sagen, dass am 21. Dezember nichts Außerordentliches passiert. Wie jedes Jahr müsse man sich aber auf Schneestürme und ähnliche Wetterkatastrophen vorbereiten.
Im Internet tauschen sich die Russen unterdessen aus, was am Vorabend des Tages X zu tun sei. In seinem Forum schlägt User „Mishkis“ den Mitlesern vor, ihr Eigentum auf ihn zu überschreiben. Ein anderer gibt bekannt, er werde „auf alle Fälle ein paar Nächte auf der Datscha übernachten“.
Ehemalige Militärs nehmen es mit der Vorbereitung ganz genau. Auf einem Forum von Militär-Liebhabern werden Listen aufgestellt, was noch alles zu erledigen ist. Ein User notierte: 0. Die Verwandten auf die Datscha bringen. 1. Die Situation über Satelliten-Fernsehen und Radio überwachen, 2. Zusätzliches Holz besorgen. Essen für ein Jahr gibt es schon. 3. Erkundungs-Spaziergänge in der Umgebung. 4.Aufstellung einer dörflichen Selbstverteidigung.
veröffentlicht in: Sächsische Zeitung