20. January 2009
„Zum Rettich mit den Ukrainern“
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Putins Mitteilungsbedürfnis stellte auch die russischen Reporter in Dresden auf eine harte Probe.
Die russischen Reporter, die dem Dresdner Treffen zwischen Putin und deutschen Chefredakteuren beiwohnten, sparten in ihren Berichten nicht mit trockenem Humor. Die deutschen Zeitungsleute hätten gegähnt, als Putin ihnen zu mitternächtlicher Stunde zweieinhalb Stunden lang seine Argumente und Zahlen zum Gas-Streit vortrug, schreibt der Reporter von „Wremja Nowostej“ in seinem mit „Gas über alles!“ überschriebenen Bericht.
Doch nicht nur die Deutschen Zeitungsleute waren müde, auch ihre russischen Kollegen. Der Reporter des Moskauer „Kommersant“, Andrej Kolesnikow, schreibt freimütig, er sei bei Putins Zahlen-Bombardement zum Gas-Streit einfach eingeschlafen. „Stundenlang“ habe man in Dresden auf Putin warten müssen. Durch den Opernball habe sich alles endlos in die Länge gezogen. „Tausende Städter tranken Glühwein und beobachteten das Feuerwerk.“ Dresden sei ja „eine ziemlich wilde Stadt“, so der Reporter in süffisantem Unterton.
Plötzlich sei er dann ganz wach geworden, denn nach der Frage eines deutschen Redakteurs, ob Russland die Deutschen frieren lassen wolle, habe es „nach Pulver gerochen“. Eigentlich hätte die Frage lauten müssen, warum die Ukraine kein russisches Gas durchlasse, belehrte der russische Premier und versuchte die deutschen Zeitungsleute weiter mit Argumenten und endlosen Zahlen „klein zu kriegen“. Putin hatte – so der russische Berichterstatter, der den Premier auf allen seinen Reisen begleitet – folgende Devise: Man müsse ihnen die Argumente „nur richtig nahe bringen, dann ist alles klar, und die Redakteure sagen es ihren Lesern, formen die öffentliche Meinung, und das Geschäft läuft.“
Doch im Grunde sei dem Premier klar, dass die Deutschen sich für die Details im Gas-Streit nicht interessieren. „Sie interessiert nur, ob sie den Gaskrieg überleben“, schreibt der Journalist in direktem Stil. Irgendwann verließ dann auch Putin die Geduld. „Zum Rettich mit den Ukrainern“, schimpfte der Premier. Vorher hatte es noch höflicher geheißen, „Gott mit ihnen“.
In den russischen Fernseh-Nachrichten wurde die in Deutschland umstrittene Ordensverleihung nur kurz gezeigt. Der Satelliten-Kanal Vesti ließ es sich jedoch nicht nehmen, den Festakt in der Semper-oper einschließlich der Dankesrede von Putin in deutscher Sprache live zu übertragen.
"Sächsische Zeitung"
Putins Mitteilungsbedürfnis stellte auch die russischen Reporter in Dresden auf eine harte Probe.
Die russischen Reporter, die dem Dresdner Treffen zwischen Putin und deutschen Chefredakteuren beiwohnten, sparten in ihren Berichten nicht mit trockenem Humor. Die deutschen Zeitungsleute hätten gegähnt, als Putin ihnen zu mitternächtlicher Stunde zweieinhalb Stunden lang seine Argumente und Zahlen zum Gas-Streit vortrug, schreibt der Reporter von „Wremja Nowostej“ in seinem mit „Gas über alles!“ überschriebenen Bericht.
Doch nicht nur die Deutschen Zeitungsleute waren müde, auch ihre russischen Kollegen. Der Reporter des Moskauer „Kommersant“, Andrej Kolesnikow, schreibt freimütig, er sei bei Putins Zahlen-Bombardement zum Gas-Streit einfach eingeschlafen. „Stundenlang“ habe man in Dresden auf Putin warten müssen. Durch den Opernball habe sich alles endlos in die Länge gezogen. „Tausende Städter tranken Glühwein und beobachteten das Feuerwerk.“ Dresden sei ja „eine ziemlich wilde Stadt“, so der Reporter in süffisantem Unterton.
Plötzlich sei er dann ganz wach geworden, denn nach der Frage eines deutschen Redakteurs, ob Russland die Deutschen frieren lassen wolle, habe es „nach Pulver gerochen“. Eigentlich hätte die Frage lauten müssen, warum die Ukraine kein russisches Gas durchlasse, belehrte der russische Premier und versuchte die deutschen Zeitungsleute weiter mit Argumenten und endlosen Zahlen „klein zu kriegen“. Putin hatte – so der russische Berichterstatter, der den Premier auf allen seinen Reisen begleitet – folgende Devise: Man müsse ihnen die Argumente „nur richtig nahe bringen, dann ist alles klar, und die Redakteure sagen es ihren Lesern, formen die öffentliche Meinung, und das Geschäft läuft.“
Doch im Grunde sei dem Premier klar, dass die Deutschen sich für die Details im Gas-Streit nicht interessieren. „Sie interessiert nur, ob sie den Gaskrieg überleben“, schreibt der Journalist in direktem Stil. Irgendwann verließ dann auch Putin die Geduld. „Zum Rettich mit den Ukrainern“, schimpfte der Premier. Vorher hatte es noch höflicher geheißen, „Gott mit ihnen“.
In den russischen Fernseh-Nachrichten wurde die in Deutschland umstrittene Ordensverleihung nur kurz gezeigt. Der Satelliten-Kanal Vesti ließ es sich jedoch nicht nehmen, den Festakt in der Semper-oper einschließlich der Dankesrede von Putin in deutscher Sprache live zu übertragen.
"Sächsische Zeitung"
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