Der Kreml macht einen Salto rückwärts
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondention Moskau
Der Korrespondent des britischen „Guardian“ darf wieder zurück nach Moskau.
Im Fall des aus Russland ausgewiesenen Guardian-Korrespondenten Luke Harding gibt es eine überraschende Kehrtwende. „Russland ist für Sie geschlossen,“ hatte man Harding noch am Sonnabend auf dem Moskauer Flughafen Domodedewo erklärt. Sicherheitsbeamte setzten den Journalisten zurück in einen Flieger nach London.
Doch am Mittwoch erklärte Aleksandr Lukaschewitsch, der Sprecher des russischen Außenministeriums, es gäbe „keine Hinderungsgründe“ dafür, dass Harding „seine Arbeit in Russland fortsetzt.“ Wie es hieß, sei die Entscheidung, Harding auszuweisen, von den Sicherheitsbehörden getroffen worden, ohne Konsultationen mit anderen Behörden.
Diverse „Regelverletzungen“
Harding hatte offenbar schon im November Probleme bei der Verlängerung seines Visums. Beamte des Außenministeriums hatte ihm diverse Regelverletzungen vorgeworfen. So war Harding im April letzten Jahres kurzzeitig in der kaukasischen Grenzregion Inguschetien festgenommen worden, wo er sich ohne Anmeldung aufhielt. Deswegen war dem britischen Korrespondenten nicht das übliche Jahres-, sondern nur ein Halbjahres-Visum ausgestellt worden.
Harding, der seit 2007 aus Moskau berichtet, hatte in den letzten zwei Monaten mehrere Artikel zum Thema Wikileaks und Russland veröffentlicht. Die Artikel trugen unter anderem folgende Überschriften: „Die Wikileaks-Telegramme: Russland – ein Mafiastaat“ und „Der Mörder von Alexander Litwinenko hatte möglicherweise das OK von Putin“.
Harding selbst schreibt in seinem Twitter-Blog, die russische Seite sei schon seit einiger Zeit „nicht glücklich“ über seine Berichte. Seine Veröffentlichungen zu Wikileaks und Russland hätten das Fass dann wohl zum Überlaufen gebracht.
veröffentlicht in: Sächsische Zeitung