21. February 2007

Donnerschlag aus Moskau

US-Raketenabwehr Russland fühlt sich bedroht

Kaum hatten die Ministerpräsidenten von Polen und Tschechien erklärt, sie seien bereit, in ihren Ländern Elemente der geplanten amerikanischen Raketenabwehr zu installieren, folgte der Donnerschlag aus Moskau.

«Wenn die Regierungen von Polen und Tschechien diese Entscheidung treffen, werden die strategischen Raketentruppen fähig sein, diese Objekte als Ziel im Visier zu haben», erklärte der Kommandant der strategischen russischen Raketentruppen, Nikolai Solowzow, auf einer Pressekonferenz in Moskau. Die regierungsnahe Zeitung «Iswestija» sprach von einer sensationellen Erklärung: «Bisher waren keine Objekte in den früheren Ländern des Warschauer Vertrages Ziele für russische Raketen.» In einem Nebensatz schränkte das Blatt ein: «Zumindest nicht offiziell.»Seit zwei Wochen hat sich der Ton zwischen Russland und den USA merklich verschärft. Anlass ist der von Washington geplante Aufbau eines Raketenabwehrschirms in Osteuropa. Es vergeht fast kein Tag ohne wichtige Erklärungen. So drohte der russische Generalstabschef Juri Balujewski mit dem Ausstieg aus dem so genannten INF-Abkommen, einem der wichtigsten Abrüstungsverträge.Der INF-Vertrag wurde 1987 von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan unterzeichnet. Mit dem Vertrag verpflichteten sich die beiden Supermächte zum vollständigen Abbau von Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5000 Kilometern. Der Vertrag kann mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden, wenn «aussergewöhnliche Ereignisse» die nationalen Interessen gefährden. Die US-Regierung scheint Moskaus Drohung der Vertragsaufkündigung bisher nicht ernst zu nehmen. Es liege keine offizielle Erklärung aus Moskau vor, heisst es in Wa- shington.Zudem drohte General So- lowzow, wenn ein Raketenabwehrschirm installiert werde, könne Russland in fünf bis sechs Jahren neue Mittelstreckenraketen in Dienst stellen. Ausserdem werde man in kurzer Zeit Waffen entwickeln, welche einen Raketenschirm überwinden. Damit machte der General klar, dass Russland den geplanten Abwehrschirm als Bedrohung für die eigene Sicherheit sieht. Schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte Präsident Putin bezweifelt, dass sich das geplante Raketenabwehrsystem gegen Staaten wie Iran und Nordkorea richtet.Aussenminister Sergei Law-row erklärte gestern, Russland werde «auf neue Bedrohungen für seine nationale Sicherheit ausgewogen und adäquat reagieren und sich nicht in eine neue Konfrontation, ein neues Wettrüsten ziehen lassen».

Aargauer Zeitung

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