Feilschen um Opel
General Motors stellt in Sachen Opel neue Forderungen gegenüber dem russisch-kanadischen Bieter-Konsortium, und die Sperbank hält sogar ein Scheitern des Opel-Kaufs für möglich
Ob das russisch-kanadische Konsortium Magna/Sperbank tatsächlich bei Opel einsteigt, ist nach Ansicht russischer Medien derzeit nicht mehr sicher. Nach einem Bericht des Moskauer Kommersant gibt es zwischen GM und dem russisch-kanadischen Bieter-Konsortium keinen Konsens darüber, welche Forschungsergebnisse aus dem Opel-Entwicklungszentrum übernommen werden dürfen.
Das Bieter-Konsortium will im Autowerk GAZ an der Wolga eine Millionen Autos jährlich – vorwiegend Opel-Modelle – vom Band laufen lassen. Ob es je dazu kommt, ist ungewiss. Die Begeisterung in der US-Autoindustrie, einen Beitrag zur Rundum-Modernisierung der russischen Fahrzeugbranche zu leisten, hält sich in Grenzen.
Der Chef des Sperbank-Aufsichtsrates, Sergej Ignatew, erklärte Ende vergangener Woche, man sei mit den bisher bekannten Bedingungen für den Einstieg bei Opel einverstanden, „aber es ist etwas Neues aufgetaucht“. Um was es sich dabei handelt, sagte Ignatew nicht. Denis Bugrow, Vizedirektor der Sperbank, hält sogar ein Scheitern des Opel-Kaufs für möglich. „Ich schließe das nicht aus“, erklärte Bugrow gegenüber Ria Nowosti. „Juristisch verpflichtende Dokumente“ seien bisher nicht unterschrieben worden. Mit anderen Worten, der Einstieg von Sperbank bei Opel kann „jeden Moment scheitern“. Möglich ist allerdings auch, dass die russische Seite mit dem Gerede von einem möglichen Ausstieg aus dem Opel-Projekt, Druck bei den Verhandlungen machen will.
Wie die Zeitung Kommersant berichtet, hat GM den Kaufpreis für das kanadisch-russische Konsortium auf sieben Milliarden Euro heraufgesetzt. Eine Summe, die weit über den 500 Millionen Dollar liegt, die Sperbank für Opel ausgeben wollte. Russische Experten meinen, allein die Umrüstung der GAZ-Automobilfabrik zur Endmontage von Opel-Modellen koste 600 Millionen Dollar. Mit diesem Geld könne man in Russland auch eine völlig neue Autofabrik bauen.
Rückkaufrecht für Russland unzumutbar
Ende Mai war mit Hilfe der Bundesregierung ein Rettungsplan eingefädelt worden. Danach gehören 65 Prozent von Opel jetzt einer Treuhandgesellschaft – 35 Prozent bleiben bei General Motors. Von besagten 65 Prozent sollen zehn an die Belegschaft gehen, 20 an den österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna und 35 Prozent an die staatliche russische Sperbank. Die Bank soll einen Traum von Wladimir Putin verwirklichen und Russlands Automobilbau mit westlicher Technologie ausstatten. Schließlich boomt der Auto-Markt in Russland seit Jahren. Von daher fiel es ausländischen Konzernen nicht schwer, auf Putins Angebot einzugehen und Betriebe zur Endmontage aufzubauen. Im Raum Moskau und St. Petersburg entstanden hochmoderne Fabriken von Ford, Renault, Toyota, General Motors und Volkswagen.
Nun ist Opel gefragt. Doch was wird, wenn sich bei GM der Wille verstärkt, das Tochterunternehmen doch nicht zu verabschieden und ein Rückkaufrecht zu reklamieren. Für die russische Seite ist das unzumutbar. Offenbar wolle sich General Motors mit fremdem Geld gesundstoßen, so ein namentlich nicht weiter genannter Vertreter von GAZ gegenüber dem Kommersant. Die Befürchtung wird verstärkt durch die Tatsache, dass sich die Umwandlung der Kaufsumme in Opel-Aktien über vier Jahre hinziehen und das kanadisch-russische Konsortium erst dann Besitzer des Opel-Kontrollpakets sein wird.
"Der Freitag"