Juri Luschkow sucht eine neue Bleibe
Von Ulrich Hey‹den, SZ-Korrespondent in Moskau
Für den Moskauer Ex-Bürgermeister wird es ungemütlich. Lettland will ihn nicht, zu Hause muss er im Gästehaus wohnen.
Russland verliert womöglich seinen größten Patrioten. Der im September von Präsident Dmitri Medwedjew von seinem Amt wegen „Vertrauensverlust“ entlassene Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow sucht intensiv einen Staat in der EU, der ihm ein Aufenthaltsrecht gewährt.
Der Versuch, sich in Lettland niederzulassen, scheiterte allerdings. Nun hofft Luschkow auf ein Aufenthaltsrecht in Österreich. In Kitzbühel besitzt er zusammen mit seiner Frau Jelena Baturina ein Landhaus im Wert von zwei Millionen Euro.
In Moskau wird es für Luschkow von Tag zu Tag ungemütlicher. Gegen das Bauunternehmen Inteko, welches Luschkows Frau Jelena Baturina gehört, läuft seit November ein Ermittlungsverfahren wegen Betrug beim Erwerb von Grundstücken. Baturina, mit einem Vermögen von geschätzt 2,9 Milliarden Dollar reichste Frau Russlands, ist seit der Absetzung ihres Ehemannes nicht mehr aus Österreich nach Moskau zurückgekehrt. Die beiden Töchter, Jelena und Olga, setzten sich bereits im Oktober Hals über Kopf nach London ab.
Inzwischen laufen auch strafrechtliche Ermittlungen bei der Moskauer U-Bahn, einem Bereich also, den Luschkow persönlich zu verantworten hatte. Ultranationalist Wladimir Schirinowski orakelte bereits, im Jahr der Parlamentswahlen könnten „ein großer Gerichtsprozess und ernste Enthüllungen“ für die Macht durchaus nützlich sein. Die „Komsomolskaja Prawda“ berichtete gestern, dass Luschkow den Großteil seines riesigen Anwesens an der Millionärs-Meile Rublowskoje Chaussee abtreten muss. Der Ex-Bürgermeister muss mit dem Gästehaus vorlieb nehmen. Von ehemals 700 Quadratmetern Wohnfläche verbleiben ihm vorerst bescheidene 220.
Die lettische Innenministerin Linda Murniece hatte den Antrag Luschkows auf eine Aufenthaltsgenehmigung wegen einst „feindlicher Äußerungen“ abgelehnt. Wegen der Behandlung der russischen Minderheit in Lettland hatte Luschkow Riga mehrmals „Apartheid“-Methoden vorgeworfen.
Formal hatte Luschkow die Bedingung für den Aufenthalt in Lettland erfüllt. 285000 Euro hat er in die lettische Rietumu Bank investiert. Seit vergangenem Jahr können Ausländer in Lettland Aufenthaltsrecht beantragen, wenn sie eben diese Summe auf einem lettischen Bankkonto angelegt haben.
veröffentlicht in: Sächsische Zeitung