Putin baut seine Regierung um
Ein Jahr vor der Präsidentenwahl in Russland hat Präsident Wladimir Putin gestern seinen engen Vertrauten Sergei Iwanow zum ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt.
Wie immer bei wichtigen Personalentscheidungen kam die Meldung auch diesmal völlig überraschend. Vier Minuten vor den 19-Uhr-Abendnachrichten meldete die Nachrichtenagentur Itar Tass, dass der Kreml-Chef Verteidigungsminister Sergei Iwanow von seinem Amt abgelöst und zum «ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten» befördert hat.
Den Posten des Verteidigungsministers übernimmt Anatoli Serdjukow, der bisher Leiter der Steuerbehörde war und wie Putin und Iwanow aus St. Petersburg kommt. Die russische Regierung hält immer noch an Relikten aus Sowjetzeiten fest, wo es nicht nur einen, sondern mehrere stellvertretende Minister gab.
Sergei Iwanow soll in Zukunft die Arbeit der Rüstungsindustrie und der zivilen Industrie koordinieren. Auf den ersten Blick erstaunt diese Entscheidung, denn Iwanow hat keinerlei Erfahrungen mit der Privatwirtschaft. Dass der ehemalige Verteidigungsminister und Vertraute Putins nun die zivile Wirtschaft koordinieren soll, bedeutet zweifellos, dass die Kontrolle über die Unternehmer zunehmen wird. Putin lobte Iwanow für seine Arbeit als Verteidigungsminister. «Ich rechne damit, dass das Positive, was in der Rüstungsindustrie gemacht wurde, auf den zivilen Sektor verbreitert wird», erklärte der Kreml-Chef. Putin nannte Zahlen. Die Rüstungsindustrie habe im letzten Jahr ein neues Rekordergebnis beim Export erreicht. Rüstungsgüter im Wert von über sechs Milliarden Dollar wurden verkauft.
Favoriten für Putin-Nachfolge
Der Fernsehkanal NTW zeigte, wie der Kreml-Chef seine Entscheidung den Kabinettsmitgliedern vortrug und dabei Seite für Seite in einem Notizblock umschlug. Der russische Präsident bemühte sich um einen geschäftsmässigen Eindruck. Tatsächlich geht es bei der Statuserhöhung von Sergei Iwanow um viel mehr. Der ehemalige Verteidigungsminister und frühere Geheimdienstmann steht jetzt auf einer Stufe mit dem «ersten stellvertretenden ersten Ministerpräsidenten» Dmitri Medwedjew. Iwanow und Medwedjew gelten als mögliche Kandidaten für die Putin-Nachfolge im Jahre 2008. Während Medwedjew sich um ein liberales Image bemüht, ist Iwanow durch und durch Geheimdienstmann und Militär.
Aargauer Zeitung