18. March 2008

Raketenabwehr: Rice und Gates gesprächsbereit

Bei dem Moskau-Besuch von Condoleezza Rice und Robert Gates ging es um die Raketenabwehr und die Vorbereitung des Nato-Gipfel in Bukarest, wo Bush und Putin sich das letzte Mal als Präsidenten begegnen werden.

US-Außenministerin Condoleezza Rice und Pentagon-Chef Robert Gates verhandelten zu Wochenbeginn in Moskau über die geplante amerikanische Raketenabwehr, die nicht nur in Polen und Tschechien, sondern möglicherweise auch in der Türkei installiert werden soll. Gates und Rice lobten die gute Gesprächsatmosphäre. In der Sache gab es jedoch keine Annäherung.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte nach Abschluss der zweitägigen Gespräche lediglich, „unsere Sorgen wurden von der amerikanischen Seite gehört.“ Die Gäste aus den USA hätten „wichtige Vorschläge unterbreitet“, die man jetzt „prüfen“ werde. Rice erklärte, sie sei froh über die „konstruktive russische Reaktion“. Gates versprach die Zugeständnisse hinsichtlich eines russischen Beobachter-Status bei der Raketenabwehr schriftlich zu formulieren. Bisher waren dieses und andere Zugeständnisse Washingtons nur mündlich formuliert worden.

Rüstungskontrolle erodiert

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist im letzten Jahr deutlich abgekühlt. Washington kritisiert offen das von Putin geschaffene System der „gelenkten Demokratie“. Dazu passte es, dass sich Rice und Gates in Moskau auch mit Vertretern der Opposition trafen.

Was folgt auf die Zeit der Abrüstungsverträge fragen sich besorgte Beobachter. Rüstungskontroll-Verträge werden von beiden Seiten zunehmend in Frage gestellt. Das System der Rüstungskontrolle ist in Gefahr, warnen Experten in Europa. 2001 kündigte die Bush-Administration den Vertrag zur Verhinderung einer flächendeckenden Raketenabwehr (ABM). Letztes Jahr stieg Russland aus dem Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) aus. Bei den Gesprächen in Moskau ging es nicht nur um die geplante Raketenabwehr sondern auch um den Start-1-Abrüstungsvertrag, der 2009 ausläuft und den KSE-Vertrag. Bush habe in seiner Botschaft an Putin eine Verlängerung des Start-1-Vertrages vorgeschlagen, berichtete der Moskauer „Kommersant“.

Erstes Treffen mit Medwedjew


Bereits am Montag hatten sich Rice und Gates mit dem designierten Präsidenten Dmitri Medwedjew und Kreml-Chef Putin getroffen. Am Dienstag trafen sich die beiden Vertreter der US-Regierung mit den russischen Ministern Anatoli Serdjukow (Verteidigung) und Sergej Lawrow (Äußeres).
Es war das erste Treffen von Mitgliedern der US-Regierung mit dem designierten russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew nach den russischen Präsidentschaftswahlen am 2. März. Rice und Gates äußerten sich angetan über Medwedjew. Er sei „sehr gut über die Gesprächsthemen informiert“. Beim Treffen mit Medwedjew blieb man jedoch beim Austausch von Höflichkeitsformeln.

Rice: Es gibt Bereiche "mit guter Zusammenarbeit"

Putin empfing die Gäste aus den USA im blauen Gästezimmer des Kreml. Der Kreml-Chef erklärte, er habe eine Botschaft vom amerikanischen Präsidenten erhalten. Ohne auf Details des Dokuments einzugehen, erklärte Putin, „das ist ein ernsthaftes Dokument und wir werden es sorgfältig analysieren.“ Rice hob die Bereiche hervor, wo es bereits Einigkeit mit Russland gibt, wie dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Atomwaffen. Außerdem gäbe es eine gute Zusammenarbeit im Fall des Iran und Nordkorea. Eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie sei möglich.

Zugeständnisse Washingtons

Bei der geplanten Raketenabwehr in Polen und Tschechien hat Washington in den vergangenen Monaten Kompromiss-Vorschläge gemacht, die nun schriftlich formuliert werden sollen. Zu den Kompromiss-Vorschlägen gehörte das Angebot, die geplanten Abwehrraketen in Polen, die sich gegen eine Raketen-Bedrohung aus dem Iran richten, von denen sich Russland aber bedroht fühlt, nicht in Schächten zu stationieren und damit für die Russen besser kontrollierbar zu machen. Von amerikanischer Seite war außerdem vorgeschlagen worden, dass russische Spezialisten, als Beobachter Zugang zu den Abwehrstationen in Polen und Tschechien bekommen. Russischen Militärs gehen die Angebote der Amerikaner nicht weit genug. Wie die Zeitung „Wremja Nowostej“ berichtete, wollen die russischen Militärs gleichberechtigte Mitarbeiter in den geplanten Raketenabwehrstellungen sein. Perspektivisch soll die Abwehrstellung dann unter der Ägide der UNO stehen. Russische Kompromiss-Vorschläge stießen bei den Amerikanern bisher ebenfalls nicht auf Resonanz. So gibt es bisher keine offizielle Stellungnahme aus Washington zu dem russischen Vorschlag einer amerikanischen Beteiligung an der russischen Radarstation in Aserbaidschan.

„Abschieds-Treffen“ in Bukarest

Die Gespräche in Moskau dienten auch der Vorbereitung eines Treffens zwischen Bush und Putin, welches im Rahmen des Nato-Gipfels in Bukarest Anfang April geplant ist. Es wird sozusagen das „Abschieds-Treffen“ der beiden Präsidenten, die beide ihre Posten verlassen.
In Moskau blickt man gespannt auf den nahenden Nato-Gipfel, bei dem es auch um die Aufnahme neuer Mitglieder geht. Die polnische Zeitung Gazeta Wyborcha hatte letzte Woche berichtet, Moskau sei bei Verzicht auf die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgien zur Entsendung von Truppen nach Afghanistan bereit. Die Meldung wurde vom Kreml jedoch umgehend dementiert. Ein Nato-Sprecher erklärte, es gäbe Verhandlungen mit Moskau. Dabei gehe es aber nur um den Transit von Ausrüstung und Personal über Land und Luft nach Afghanistan.

(Veröffentlichung nur nach Rücksprache mit dem Autor)

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