Streit um Bodenschätze
Trotz Gerüchten über Selbstmordkommandos, die es auf Putin abgesehen hätten, fuhr der Kreml-Chef nach Teheran.
Dort einigten sich die fünf Anrainer-Staaten des Kaspischen Meeres auf eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit. Putin erklärte, die Kaspi-Anrainer hätten sich auf die Nichtverbreitung von Atomwaffen geeinigt. Neben Putin nahmen am Gipfel Kaspi-Anrainer auch die Staatschefs des Iran, Aserbaidschans, Turkmenistans und Kasachstans teil. Es war die erste Reise eines russischen Staatsoberhauptes nach Teheran seit Stalins Besuch 1943.Die Anrainer des größten Binnensees der Welt liegen seit Jahren im Streit über die Aufteilung der Rechte an dem rohstoffreichen Kaspischen Meer.
Der Territorialstreit war durch den Zerfall der Sowjetunion akut geworden. Der Iran, dem nur 13 Prozent der Küste des Meeres gehören, fordert, das Binnenmeer zu gleichen Teilen aufzuteilen. Russland, Kasachstan und Aserbaidschan wollen es dagegen entsprechend der jeweiligen Küstenlänge aufteilen.
In der Frage der Aufteilung gab es keinen Durchbruch. Die Staatschefs beschlossen jedoch eine Deklaration, nach der man wirtschaftlich zusammenarbeiten will. "Das reiche Potenzial der Kaspischen Region" solle "effektiv genutzt" werden. Im Wirtschafts-Bereich, besonders im Energie- und Transportsektor sollen "Dialog und Zusammenarbeit vertieft" werden.Auch von der Schaffung "internationaler Transportkorridore" ist die Rede. Sollte dies mehr als eine Absichtserklärung sein, dann ständen die Chancen für den Bau der von Kasachstan und Turkmenistan geplanten Gaspipeline nach Europa gut. Die beiden Länder wollen am Boden des Kaspischen Meeres eine Pipeline bauen, die Gas unter Umgehung Russland über Aserbaidschan nach Europa bringt. Der Analyst Chris Weafer vom russischen Unternehmen UralSib erklärte, dass Russland an einer "kurzfristigen Lösung" des Streits um das Kaspische Meer kein Interesse habe, weil dadurch eine Pipeline unter Umgehung Russlands möglich werde.Putin bezeichnete den Gipfel als Erfolg. Man sei "nicht in allem einer Meinung" gewesen. Doch "es ist vollkommen klar, dass der Wille zum Konsens vorhanden ist". Russland ist das einzige Land, das dem Iran beim Bau seines ersten Atomkraftwerkes Bushehr hilft. Doch Russland hat die Fertigstellung des AKW, die eigentlich für 1999 geplant war, immer wieder hinausgezögert. Möglicherweise, um den Iran auf diesem Wege dazu zu bewegen, von der Urananreicherung Abstand zu nehmen. Auch Russland hat kein Interesse daran, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt. Moskau ist aber daran interessiert, den Iran in seine Interessenssphäre einzubinden, um so gegenüber den USA stärker auftreten zu können. Der russische Präsident erklärte, die fünf Teilnehmer hätten sich geeinigt, dass Atomwaffen in der Region nicht weiterverbreitet werden. Allerdings - so der Kreml-Chef - hätten die Staaten das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie. Auch der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad zeigte sich zufrieden. Die Unterzeichnung der Abschlusserklärung bedeute "Widerstand gegen die, die gegen die Interessen der Kaspischen Region auftreten". Ahmadinedschad kann zufrieden sein, haben doch die fünf Staaten eine Übereinkunft erzielt, derzufolge sie ausschließen, ihre jeweiligen Territorien für Militäraktionen gegen die anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. "Wir sollten nicht einmal daran denken, dass in dieser Region Gewalt eingesetzt wird", mahnte Putin in einer Rede, die der Vertragsunterzeichnung unmittelbar vorausging. Zuletzt hatten US-Offiziere Flugplätze in Aserbaidschan in Augenschein genommen, was als ein Indiz für Angriffsplanungen gegen den Iran interpretiert wurde..
"Thüringer Allgemeine"