Russland

Russland. Nichts und niemand ist vergessen. Der 9. Mai zur Erinnerung an den Sieg vor 75 Jahren bleibt der wichtigste Feiertag. „Am 9. Mai wachte ich morgens immer vom Duft der Beljaschi auf, der kleinen tatarischen Torten mit Fleischfüllung, die es an diesem Tage gab. Gebacken hat sie stets meine Großmutter, Maria Iwanowna“, erinnert sich Swetlana, eine 45 Jahre alte Juristin aus Moskau. Morgens gegen drei Uhr sei Maria aufgestanden, um den Teig mit Hefe anzurühren, das brauchte seine Zeit. „Wir wohnten damals zu fünft, meine Eltern, mein Bruder Sergej, ich und die Großmutter – sie war die wichtigste Erzählerin, wenn wir am 9. Mai zusammensaßen. Es wurde immer zu Hause gefeiert, man redete über den Alltag, sah sich die Siegesparade im Fernsehen an und erinnerte den Krieg. 
„Deutschland erlebt einen Rückfall in die Barbarie“, sagt der deutsche Journalist und Kriegsreporter Ulrich Heyden, der seit vielen Jahren in Russland lebt und regelmäßig aus den Kriegsgebieten berichtet. In diesem Gespräch mit Patrik Baab spricht er über seine Erlebnisse im Donbass, in Kursk und Moskau – über Angst, Propaganda, historische Schuld, und über die Stimmen der Menschen, die mitten im Krieg leben. Heyden schildert, was westliche Medien verschweigen: das Leid der Zivilbevölkerung, die Rolle von Söldnern, die russische Perspektive und den Hass, der in Europa gegen Russland geschürt wird. Ein Gespräch über Wahrheit, Verantwortung und den Zustand deutscher Öffentlichkeit. „Wir erleben einen Rückfall in die Barbarei – und kaum jemand merkt es.“ – Ulrich Heyden